In den Unternehmen geht viel Zeit mit unproduktiven Online-Meetings verloren, die weder zu Ergebnissen noch zu Entscheidungen führen. Der Rückzug der Schriftlichkeit in Online-Meetings hat laut Christoph Kappes (Foto), Initiator und Entwickler von TOGETHER, auch zu einem Verlust an Verbindlichkeit geführt. Der Sinn und Zweck produktiver Meetings besteht laut Kappes darin, letzte Unklarheiten zu beseitigen und maximale Legitimität zu erzeugen. Mit modernem ID-Management, dem gezielten Einsatz von KI-Tools, Gruppenabstimmungen und technisch signierten PDFs bietet TOGEHTER eine sichere Vertrauensumgebung für effektive Entscheidungsprozesse.
- Herr Kappes, wie sind Sie auf die Idee gekommen, TOGETHER ins Leben zu rufen. Welche Erfahrungen bringen Sie mit?
Die Idee, dass es eine neue Generation von Meetinglösungen braucht, die Vertrauensfunktionen haben und so Kollaboration erleichtern, wurde mir in den letzten 15 Jahre in „digitalen“ Führungspositionen als Interim Manager viele Unternehmen immer deutlicher, weil sich die Organisation nach einiger Zeit selbst gar nicht „erinnert“, was sie eigentlich warum entschieden hat. Und Identitymanagement ist dafür zentral – nicht nur wegen der späteren Belegbarkeit, sondern auch, um überhaupt erstmal Vertrauen unter Fremden herzustellen. Das ist besonders wichtig, wenn mehrere Parteien grössere Projekte machen, also bei Joint Ventures, Zuliefererarbeitsgemeinschaften und Konsortien in den Bereichen Software, Anlagen, Maschinen und Bau-„Engineering“, wo alle profitieren, wenn die Risiken verringert werden. Platt gesagt: Wenn Sie schon mal „remote“ mit Menschen verhandelt haben, deren Kamera aus war und die sie nicht an der Stimme erkennen konnten, haben Sie ein Problem.
Und ich fand eigenartige Misch-Kulturen vor. Einerseits vor-digital in dem Sinne, dass man von Meeting zu Meeting denkt anstatt in Aktivitätsströmen, bei denen in Meetings entschieden wird – und nirgendwo sonst. Denkt man Organisationen als Entscheidungsketten, wird sofort klar, dass die Vorbereitung außerhalb von Meetings geschehen sollte und Meetings dazu da sind, dass man Unklarheiten beseitigt, Mikropolitik betreibt und am Ende so entscheiden kann, dass man maximale Legitimität hat. Umgekehrt wird „Digitales“ unreflektiert benutzt: inzwischen benutzen alle Videotools, verlieren aber an Schriftlichkeit. Wir befinden uns die letzten Jahre in einer neuen Oralität, ich nennen das „third orality“, das lässt uns schnell sprechen und zwanglos mit Emojis chatten.
Aber es geht verloren, was gute Schriftlichkeit ausmacht: Klarheit, Präzision, Verbindlichkeit. Organisationen brauchen das! Schriftliche Entscheidungsketten sind der Kern der Veränderungsprozesse, nur so geht es voran, nicht mit ToDos oder Messengern. Auch die Bullet-Kultur von Powerpoint und die Post-It-Kultur der Boards wie Miro macht schon hier und da Sinn, sie ist aber für Management nur Vorstrukturierung. Man braucht klare Entscheidungen in ganzen Sätzen und die sollten auch später noch belegbar und nachvollziehbar sein. Und mit modernen Methoden bewirkt werden, das heißt kollaborativ, nach agilen Verfahren, remote durchführbar, so partizipativ wie möglich.
- An Tools für die Online-Kollaboration herrscht eigentlich kein Mangel – warum glauben Sie dennoch, dass TOGETHER dringend gebraucht wird?
Wir sind eine Plattform, mit der man alle Schritte von Diskutieren, kollaborativem Schreiben, rechtsverbindliche Erklärungen und Verträge ohne Brüche in einem Tool machen kann – und das auch noch einfach bedienbar. Bei internen Meetings ist das oft nur auf Vorstandsebene wichtig, da würden wir gebraucht, auch für alles Management im weitesten Sinne. Viel geschieht aber auch zwischen Organisationen, und dazwischen besteht wenig Vertrauen, weswegen wir mit technischen Mitteln Vertrauen erleichtern. Nehmen wir IT-Service-Projekte, wo zwei Seiten die Risiken minimieren wollen. Oder Arbeitsgemeinschaften von Zulieferern, Joint Ventures, lose Netzwerke: Überall braucht man mehr Verbindlichkeit und das wiederum heißt auch, dass man gesicherte Identitäten braucht. Wir haben einen kompletten Layer an Vertrauensfeatures, von Video-ID über digitale Wallets und Gruppenabstimmungen bis zur Belegbarkeit mit technisch signierten PDFs.
Ich würde schon sagen, wir sind eine neue Toolklasse von Kollaborationslösung mit echtem Business-Mehrwert durch Verbindlichkeit und Transparenz, wo die meisten anderen Tools am Ende doch nur „Videokonferenz“ machen. Wir sind fast schon ein Showcase für Next Generation Business Meeting.
In den Unternehmen sträubt sich die IT-Abteilung für gewöhnlich, wenn ein weiteres Tool angeschafft werden soll – ist diese Abwehrhaltung bei TOGETHER unbegründet?
Die Abwehrhaltung ist da und sie ist auch gut verständlich für mich. Als CIO, und ich war ja teilweise selbst einer, hat man vom Tool-Zirkus die Nase voll, da will man bei knappen Budgets fokussieren. Unsere Antwort verspricht echte Produktivitätsvorteile und Risikobewältigung. Diese Anforderungen gibt es bei Management-Meetings gewisser Verbindlichkeit (Boards, C-Level) oder Komplexität (z.B. Konferenzetagen für globale Sales-Organisationen). Ein DAX-Konzern prüft unsere Lösung für Integrationsphasen von Zukäufen, ein anderer will mit uns Change machen. Da sind wir Speziallösung neben MS Teams, die sich rechnet.
Als CIO darf man sich aber auch nicht in die Tasche lügen, z.B. ist die Inhalte-Kontrolle bei MS Teams ein Problem, eine Seite muss immer Gast sein, und natürlich ist auch die Backdoor von US-Produkten für Geschäftsgeheimnisse ein großes Problem, das man gern verdrängt. Mit uns gibt es so eine Backdoor nicht, wir sind komplett europäisch und Sie können uns auch on premise bekommen, das geht ja bei Office-Collaboration gar nicht. Als Ex-Vorstandsassi kenne ich die Sorgen auf Top-Level, dass jemand die Meetings „abschnorchelt“.
- Welche Branchen und Zielgruppen wollen Sie ansprechen?
Uns schweben wie gesagt Enterprise-Konstellationen vor. Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen mit 5.000 Mitarbeitern könnte nicht nur alle Mitarbeiter binnen 24h ins kollaborative Arbeiten bringen, sondern sogar alle Entscheidungen verfügbar und belegbar machen. Das ist vertrieblich leider kein ganz dünnes Brett.
Daher fangen wir mit kleineren Konstellationen an: Mandanten-Onboarding von Anwälten, mit uns können Sie nämlich den Mandaten gleich zu Beginn Verträge signieren lassen. Kommunale Gremien, auch ein verteilte Entscheiderstruktur. Wohnungseigentümerversammlungen und Gerichtsverhandlungen. Und wir hoffen, dass uns die Verantwortlichen für Großprojekte entdecken, ob in der IT, im Maschinenbau, im Anlagenbau oder im Immobiliensektor.
- Warum hat das Thema der digitalen Identifizierung/Authentifizierung bei TOGETHER einen so hohen Stellenwert – welche Lösungen setzen Sie ein?
Die theoretische Antwort lautet: es gibt viele Missbrauchsszenarien, etwa immer mehr Deep Fakes, aber auch Social Engineering. Die praktische Antwort aber ist: Zwischen Organisation und im Business-Leben kennt man einander oft nicht und die Menschen haben auch noch die Kamera ausgeschaltet. Wie wollen Sie da über Geschäftsgeheimnisse reden, wenn Sie ihr Gegenüber nicht eindeutig identifizieren können? Wir unterstützen da mit zwei Elementen: einem Video-ID-Verfahren, das bei uns stattfindet, und eine Authentifizierung per Wallet. Beides ist implementiert. Und gerade in der Wallet ist „Musik“, weil man sie mit speziellen Rechten versehen kann, z.B. Altersnachweise oder Berufe (ist Arzt usw.).
- Welche Rolle übernimmt bei TOGETHER die KI?
Wir setzen hier vor allem auf europäische Lösungen, aktuell Aleph Alpha Luminous. Das ist ein Text-LLM, mit dem können Sie in der Gruppe recherchieren („live prompten“), Texte korrigieren, verkürzen, übersetzen und so weiter. Perspektivisch haben wir noch weit mehr vor, aber dafür braucht es mehr Geld.
- Welche Kosten kommen auf Unternehmen zu, die TOGETHER einsetzen wollen – wie sieht das Geschäftsmodell von TOGETHER aus?
Wir haben ein modulares Preismodell. Das fängt bei einem Preis von 15 EUR netto monatlich für 5 Räume an und geht mit Trust-Paket dann auf 35 EUR pro User hoch, ab 100 Usern gibt es dann Pakete mit degressiven Preisen. Wir sind nicht teuer, denn im Trust-Paket sind Signaturen eTOGETHER – Eine Meetinglösung für effektive Entscheidungsprozesse nthalten und wir ersetzen mehrere andere Tools.
- Wie kann der Entscheidungsprozess mit TOGETHER transparenter gestaltet und gleichzeitig automatisiert werden?
Entscheidungen können in Vorlagen vorbereitet werden und dann können mit einem speziellen Entscheidungsmodul Zustimmungen eingeholt werden. Das geht auch zeitlich versetzt, z.B. „bis Ende nächster Woche“, und es geht pseudonym, für alle „live“ Anwesenden oder für alle mit Raumrechten. Damit können Gremien asynchron entscheiden, vom Lenkungsausschuß über autonome Teams bis hin zu Kommunalverwaltungen und WEGs.
- Welche Ausbaustufen sind für die nahe Zukunft vorgesehen?
Wir richten uns da sehr nach den Wünschen unserer Community. An Interaktionsformen machen Video-Statements Sinn und wir wollen Räume, in denen ja Aktivitätsströme bearbeitet werden, noch stärker prozessgetrieben ermöglichen: mit einem Zielmodul, damit man die Businessziele vor Augen hat und monitoren kann, und einem Workflow-System, so dass man in bestimmten Räumen nach bestimmten Abfolgen vorgeht, die best practice sind.
- Wo wollen Sie in fünf Jahren mit TOGETHER stehen?
In diesen Zeiten sind wir dankbar für jedes Jahr Frieden und da backe ich auch als Serial Entrepreneur eher kleine Brötchen. Trotzdem denken wir, dass unsere Idee noch einen sehr großen Markt hat. Es wird zu viel geredet und zu wenig entschieden und bewirkt.