Von Ralf Keuper
Bereits in der Vergangenheit hat sich das Marktforschungsunternehmen Forrester skeptisch zur Zukunft von GAIA-X geäußert. Vor wenigen Wochen hat Forrester seine Haltung bekräftigt[1]Gaia-X And The Sovereign Cloud: From Unicorns And Rainbows To Storm Clouds.
So habe es Gaia-X nicht geschafft, sinnvolle öffentliche Cloud- und Datendienste einzuführen. Gaia-X lieferte keine konkreten Implementierungen, die über begrenzte Konzeptnachweise hinausgingen, und der Zeitplan des Projekts verschob sich mehrmals. Nach dem ursprünglichen Plan sollten bis zum Sommer 2021 funktionierende und betriebsbereite Prototyp-Dienste zur Verfügung stehen, aber Gaia-X hat nur begrenzte Auswirkungen auf die europäische Public-Cloud-Landschaft gehabt.
Weiterhin moniert Forrester: „Der fehlende Konsens zwischen den Mitgliedern und die Lähmung der Analyse verursachen weiterhin Probleme. Inzwischen beherrschen Hyperscaler aus den USA und China (Amazon Web Services, Microsoft, IBM, Google, Alibaba) weiterhin den Markt. Lokale europäische Anbieter und Hyperscaler haben die Geduld verloren. Während Gaia-X Bürokratien und PowerPoint-Präsentationen aufbaute, schlossen sich lokale europäische Anbieter zusammen, um regionale, souveräne Clouds aufzubauen“.
Denn, so Forrester, die Kunden interessierten sich dafür, was Cloud-Anbieter leisten können, und nicht, woher sie kommen. „Hyperscaler rüsten ihre Angebote auf, um den Nutzern eine bessere Kontrolle über ihre Daten zu ermöglichen. Dies geschieht durch die Vereinfachung bestehender Funktionen und durch Investitionen in neue Tools und Funktionen wie kundengesteuerte Verschlüsselung, Virtualisierungstechnologien oder vertrauliche Datenverarbeitung. Zur Unterstützung dieser technischen und betrieblichen Kontrollen verweisen Hyperscaler auch auf verstärkte vertragliche Verpflichtungen zur Offenlegung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmaßes an Daten sowie auf eine gewisse Verpflichtung, Daten so zu schützen, dass sie die EU und den Europäischen Wirtschaftsraum unter keinen Umständen verlassen“.
Als lobendes Beispiel nennt Forrester die von SAP und Arvato Systems auf Basis von Azure geplante souveräne deutsche Cloud, bei der alle Netzwerke, Prozesse und Daten in Deutschland bleiben sollen[2]Forrester Research: Die Gaia-X Cloud wird den großen Durchbruch nicht mehr schaffen. Forrester geht davon aus, dass damit die Transparenz und die Sicherheit von Clouds gestärkt wird.
Nach Ansicht von Holger Dyroff, COO von Owncloud, bleibt durch die Nutzung von Microsoft Azure und die zwangsläufig damit verbundene Abhängigkeit von Closed Source Datensouveränität und Individualisierbarkeit auf der Strecke. „Es wird vielmehr das alte proprietäre Spiel von Intransparenz und Vendor-Lock-in weitergeführt, mit allen damit verbundenen Gefahren, wie beispielsweise Problemen bei der Datenmigration oder mangelnder Investitionssicherheit. Digitale Souveränität ist ohne offenen Quellcode gar nicht möglich„[3]Souverän ist das noch lange nicht!.
References